.....Da Papier aber nicht mein Werkstoff ist ...
... es sei mir gestattet, an dieser Stelle ein paar Gedanken zum
Modellbau aus Karton zu
entwickeln, da Papier & Karton immer schon »mein« Werkstoff waren (und sind).
Da ich seit über 35 Jahren »Karton«-Modellbogen entwickle, produziere und publiziere
(was nicht so ganz hierher gehört) habe ich in dieser Zeit die Erfahrung machen dürfen,
dass es nur sehr wenig gibt, was sich in einem Modell aus Papier & Karton nicht dar-
stellen lässt.
Auch im
Modellbau aus Karton gibt es die Möglichkeit, sich kommerziell verfügbarer
Produkte zu bedienen oder aber - um den denglischen Begriff zu benutzen - »from scratch«
zu bauen ... wie attraktiv und optisch suggestiv am Ende das fertige Modell aussieht,
hängt ausschließlich von der Kreativität und dem handwerklichen Geschick des
Erbauers ab.
Kommerziell verfügbare »Karton«-Modellbogen nehmen durch die »mitgelieferte« Binnengrafik
dem Erbauer den allergrößten Teil der »Detaillierungsarbeit« ab - ohne diesem widerum
mögliche Freiräume in der weiteren Ausarbeitung zu verwehren.
Die »Binnenzeichnung« ist historisch bedingt ein absolut wesentlicher Bestandteil eines
»Karton«-Modellbogens und hat die Aufgabe, dem Modellbauer schnell und mit einfachen
Mitteln ein attraktives Modell zu ermöglichen, indem viele räumliche Strukturen rein
grafisch dargestellt werden. Tatsächlich erweist sich bei näherer Untersuchung, dass
vorwiegend »Karton«-Modellbogen mit Architektur-Motiven stark ausgeprägte räumliche
Grafik-Effekte in der Binnenzeichnung zeigen ....
Aber gehen wir einen kleinen Schritt »zurück«:
Das »Geheimnis« des Karton-Modellbaus ist die Abwicklung der Oberfläche eines Körpers
in die Fläche, gefolgt von der Re-Produktion aus der Fläche zurück in den dreidimensionalen Raum.
Auf der Seite des Konstruierens bedient man sich der Geometrie und Mathematik: jeder noch
so komplizierte Körper läßt sich prinzipiell in eine Kombination von Zylindern, Kegeln, Pyramiden,
Quadern und Würfeln zerlegen und daher mit den bekannten Verfahren der darstellenden
Geometrie in die Ebene abwickeln.
Alle diese geometrischen Körper oder Teilkörper sollten allerdings Oberflächen haben,
die unbedingt nur in einer Richtung gekrümmt sind. (»single concavity«)
Anders als Metall (oder Kunststoff) lässt sich Karton »sauber« nur in eine Krümmungsrichtung
verformen. (Es gibt selbstverständlich auch etwas aufwändigere Techniken, um Karton in mehrere
Krümmungsrichtungen zu verformen).
Der Modellbauer seinerseits bedient sich Messer, Lineal, Schere und Klebstoff (und
natürlich seiner Geduld und Geschicklichkeit) um aus der Fläche wieder ein räumliches Gebilde
entstehen zu lassen.
Ein »Karton« Modellbogen besteht aus den Komponenten:
•
KonstruktionszeichnungMeistens (dünne) Umrisse in dunkler Färbung. Hiermit werden die abgewickelten Bestandteile (=Bauteile)
dargestellt, die zur Montage des Modells benötigt werden.
•
Verbindungstechnik Meistens in Form von Klebelaschen. Mit diesen Laschen werden die abgewickelten Bestandteile
an passenden Stellen ergänzt um eine zuverlässige Verbindung untereinander zu gewährleisten
•
LiniencodeIn der Regel eine Anzahl unterschiedlicher Linien und/oder Zeichen, die definieren,
wo und wie etwas geschnitten, geritzt, geknickt, gerillt, geklebt etc. etc. werden soll.
Zum Liniencode gehören auch Symbole, die Besonderheiten zum Schneiden und/oder Verformen der
Bauteile indizieren (z.B. Scherensymbole, Pfeile, schraffierte Flächen etc. etc.)
•
Bezifferung Die den Bauteilen zugeordneten Ziffern ordnen in der Regel die Abfolge der
Montage, ermöglichen die Orientierung innerhalb des Modellbogens und schaffen eine eindeutige
Verbindung zur Bauanleitung.
•
BauanleitungEine Montageanleitung, die eindeutig darstellt, wohin was und in welcher Reihenfolge
geklebt werden soll, ist ab einer gewissen Anzahl von zu montierenden Einzelteilen unerläßlich.
Soweit die technischen Definitionen. Um einen Modellbogen zu einem grafisch gelungenen Gesamtkonzept
werden zu lassen, wird dazu (wie oben erwähnt) die sogenannte »Binnenzeichnung« benötigt:
•
Binnenzeichnung(Oder Binnendekoration) Hiermit werden die allermeisten Details des Vorbildes in grafischer Form
dargestellt, die sich nicht plastisch darstellen lassen (oder die der Autor nicht plastisch
darstellen will). Gerade und besonders die Binnenzeichnung ist das Merkmal eines Modellbogens:
Die »Gestaltung« oder die »Bemalung« des Modells ist sozusagen bereits vorgegeben! Lassen sich
doch damit alle Details der Vorbildes einschließlich Alterungs- und Verwitterungsspuren nahezu
perfekt darstellen.
Diese »Perfektion« wird allenfalls durch die beim Kartonmodellbau systembedingten weissen
Schnitt- und Knickkanten »gestört«. Üblicherweise wird farbig auf einen hellen (meist weissen) Bedruckstoff
gedruckt. Die Möglichkeit des Einfärbens weisser Kanten wird als bekannt vorausgesetzt.
... und natürlich sind diese Betrachtungen dann nur Makulatur, sobald ein Modellbauer mit neutralem
Kartonmaterial ein Modell »from scratch« entstehen lässt ... Aber eben DARUM geht es bei den Modellbogen für die PRFZ (und andere Abnehmer) nicht ...